Am 05.03.2011 durfte ich mit Ratz von der Planke, dem Sänger der Band Vroudenspil, in Würzburg ein Interview führen, welches ich euch nicht vorenthalten möchte 😉
Habt ihr gestern nach dem Interview mit Metal Only noch schön gefeiert?
Ratz: Ja, also ich nicht. Ich steh jeden morgen um halb 5 auf, ich bin einfach nur noch tot umgefallen. Aber ich glaube, Wolle und Dax waren noch ein bisschen am Werkeln.
Es scheiden sich die Geister, wie man euren Namen eigentlich richtig ausspricht. Kannst du uns aufklären?
Ratz: „Freudenspiel“. So wies gut klingt! Nee, es ist mittelhochdeutsch, weil es aus einer Zeit kommt, wo wir noch Markt-Musik gemacht haben, traditionell. Und da es mittelhochdeutsch ist und wir leider keine Tonbandaufnahmen haben, kann uns keiner sagen, wie man’s wirklich ausspricht. Aber wir sagen „Freudenspiel“ weil es einfach lustiger als „Vroudenspiel“ klingt.
Ja, das stimmt. Erzähl uns doch einfach mal was über Vroudenspil, damit unsere Leser überhaupt wissen, wer ihr seid, was ihr so macht… Wie habt ihr euch denn kennen gelernt?
Ratz: Also, Vroudenspil… Wer wir sind, da komm ich gleich mal drauf. Was wir machen… hm… Halli-Galli-Drecksauparty! Einfach mal auf ein Konzert kommen oder erstmal die CD kaufen, oder am Besten beides, sagen wir es so. Da könnt Ihr euch dann am Besten einen Eindruck machen, weil wir eigentlich versuchen, uns nirgendwo einzugliedern. Wir sagen jetzt nicht „Wir machen irgendwie Mittelalter-Rock oder Metall oder Folk. Das ist unser eigenes Ding. Freibeuter Folk, Piratenmusik. Tanzbar. Springbar. Man kann auch pogen, wenn man möchte oder headbangen, da ist alles dabei.
Wie wir uns kennengelernt haben… also ich bin kein Gründungsmitglied. Die Band gibt es seit 2004, die Idee, wenn ich das richtig mitgekriegt habe und da hatten die Leute noch nicht mal Instrumente. Da haben sie gesagt „Okay, wir machen mal ne Band und gehen auf Mittelaltermärkte und bringen einfach die Leute mal zum Feiern“. Das war so der Grundgedanke und als ich dazu gekommen bin, ging es dann los, dass wir eigene Lieder geschrieben haben. Davor war das so, wie man es meinetwegen von Corvus Corax kennt, dass traditionelles Liedgut neu interpretiert worden ist.
Und seit 2007 spielen wir mit einem normalen Rock-Schlagzeug, was jetzt immer weiter wurde und auch immer härter geworden ist. Ich glaube, wir haben jetzt in unserer aktuellen Besetzung, die es so auch erst seit Oktober gibt, endlich gefunden, wonach wir auch gesucht haben. Jetzt kann es bergauf gehen!
Wie bist du zur Band gestoßen?
Ratz: Ich spiel jetzt seit 8 Jahren Gitarre und ich wollte immer eine Punkband. Ich war immer auf der Suche und ich kannte Phyra, eine Freundin von mir und ich habe gehört, dass sie in einer Band spielt, da schaue ich doch mal bei einer Probe zu. Das hat an sich jetzt mit Punk-Rock nichts zu tun, aber sie haben mich dann angesprochen und ich bin geblieben – gut wars!
„Tote Narren“ unterscheidet sich ja ziemlich zu „Lunte gerochen“. Wie seht ihr eure Entwicklung zum neuen Album?
Ratz: Wir sind definitiv komplexer geworden, was die Arrangements und das musikalische angeht. „Erwachsener“ hat Wolle gestern gesagt. Ich weiß nicht, ob ich’s unbedingt „erwachsener“ nennen würde. Ich würde es eher „verspielter“ nennen. Wir machen viel mehr Sachen mit mehrstimmigen Passagen, polyphone Passagen. Also geht es schon teilweise ziemlich rund. Wir finden, dass es auf jeden Fall in jedem Song irgendwo auch einen Charakter gibt, was uns sehr wichtig war. Was die Produktion angeht, haben wir natürlich auch einen Aufstieg gehabt. Es war auch ein gutes Stück teurer und wir sind auch sehr zufrieden mit dem Endergebnis, es kann sich hören lassen. Alles in einem würde ich sagen, liegen wirklich Welten dazwischen.
Wie seid ihr denn auf euren Bandnamen gekommen? Und was bedeutet eigentlich „Vroudenspil“?
Ratz: Wie gesagt, es ist mittelhochdeutsch und heißt wortwörtlich übersetzt „Zeitvertreib“, denn genau so sollte es eigentlich anfangen. Wie genau der Name gefunden worden ist, dafür bin ich eigentlich der falsche Ansprechpartner, weil ich damals nicht dabei war. Aber es gehen so Gerüchte rum, dass man einfach ein Wörterbuch aufgeschlagen hat, mit dem Finger ein bisschen rumgewühlt und „So! Joah, klingt cool, nehmen wir!“ Letzten Endes ist es egal, uns gefällt der Name und wenn man mal kapiert hat, wie man es schreibt, dann vergisst man es auch nie wieder. Es hat also Wiedererkennungswert.
Warum oder wie seid ihr auf die Idee gekommen, die Piratenflagge zu hissen, statt wie die meisten jungen Bands Markt-Musik zu machen?
Ratz: Das liegt unter anderem wahrscheinlich daran, dass wir sehr viel auf den Märkten unterwegs waren. Nicht nur, um dort Musik zu machen. Und wenn man die 37. Version von Platerspil, dem Palästinalied und weiß der Geier was gehört hat, hängt einem das einfach zum Hals raus. Wir sind in der Band so gut wie alle ziemliche Ska-Fans. Die erste Idee war eigentlich, mal zu versuchen, Mittelaltermusik auf Offbeat zu trimmen. Die Idee mit dem Piratentum kam dann mit dem Akkordeon zusammen. Als der Trabantus, dazu kam, sagte er, er habe bereits seit ungefähr 12 Jahre Akkordeon gelernt. Da haben wir gesagt „Super, dann lass uns das doch mal einbauen!“ und sofort kam eine Seefahrerstimmung auf. Dabei wollten wir dann auch bleiben.
Gibt es eigentlich einen Käpt’n, unter dem ihr gerne mal anheuern würdet? Störtebecker? Jack Sparrow? Blackbeard?
Ratz: Ich würde jetzt nicht sagen, dass wir uns so großartig mit den wirklich geschichtlich festgehaltenen Piratentum identifizieren. Worum es uns mehr geht, sind die Gefühle, die mit dieser romantischen Vorstellung vom Freibeutertum mitschwingen. Sprich du bist frei, du tust, wozu du lustig bist, lebst für den Augenblick, wirst aber trotzdem ständig verfolgt. Und das ist etwas, was uns total fasziniert. Es ist jetzt nicht so, dass wir sagen, wir eifern jetzt irgendwie Blackbeard nach und ziehen Schlachten durch die Weltmeere. Nein, das tun wir nicht. Und wenn man die Show anschaut, wird der Ein oder Andere vielleicht sagen „Ja, Piraten… da sehe ich jetzt nicht so viel davon“. Aber letzten Endes kommt es uns darauf an, dass eben die Stimmung, das Ambiente, die Gefühle, die wir rüberbringen. Und die sind eben Freiheit, Lebensfreude, Party. Darum geht es eigentlich und wenn man jetzt meinetwegen Piratenfilme anschaut… Fluch der Karibik – ein Riesenhit! Warum? Nicht, weil die Piraten so toll sind und Leute umbringen und Menschen anheuern, das ist eigentlich nicht das, was die Faszination ausübt, sonder dieses Vogelfrei sein, der Knecht von niemanden sein.
Und das wollt ihr musikalisch auch erreichen?
Ratz: Ja, wir schreiben unsere Musik, was uns gefällt und wir legen unsere Gefühle da rein und die, die rüberkommen sollen.
Wie können wir uns eure Studioarbeit vorstellen? Kapert ihr einfach ein Studio und entführt einen Tontechniker? Erzähl doch bitte einfach mal.
Ratz: Wir sind ganz normal, wie jede andere Band auch, auf der Suche gewesen nach einem Studio, wo es uns gefällt, wir uns wohlfühlen und 1o wir mit dem Tontechniker gut klar kommen, denn das ist unglaublich wichtig. Wenn man im Studio irgendwie in Stress kommt, gerade wenn man einspielt, geht einfach viel an Emotionen, viel an Stimmung verloren, was man sonst reinlegen könnte. Und deswegen war es uns extrem wichtig, uns im Studio Zeit zu lassen. Wir haben diese Produktion komplett selbst finanziert, wir sind ja nicht von der Plattenfirma bezahlt worden. Und genau aus dem Grund haben wir uns Zeit gelassen, was uns wahrscheinlich auch kein Label bezahlt hätte. Und diese Zeit war wichtig. Das Album, so wie es jetzt ist, war natürlich zu ungefähr 95 % so geplant, aber so kleine Schmankerl, so kleine Feinheiten, wo wir uns jetzt im Nachhinein tierisch drüber freuen, entstehen erst im Studio. Das weiß man vorher nicht und das funktioniert einfach nur, wenn man Zeit hat und man sich wohl fühlt. Das war definitiv der Fall bei Hicktown Records.
Frauen an Bord sollen ursprünglich Unglück bringen, das scheint bei euch nicht der Fall zu sein… Zeigen euch die Ladys denn, wo es lang geht, oder habt eher ihr die Hosen an?
Ratz: Wir versuchen eigentlich zu vermeiden, dass irgendjemand die Hosen an hat. Klar, sind wir eine Firma und natürlich haben wir deswegen einen „Geschäftsführer“. Aber das betrifft wirklich nur so bürokratische Sachen. Ansonsten sind wir echt bemüht, jedem seine Aufgabe zukommen zu lassen. Da gibt es Leute, die kümmern sich eben um Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel eine Frau – die Jane, unsere Bassistin und Chefin des PiProNet – dem Piraten-Propaganda-Netzwerk. Sie macht einen super Job, die promotet uns im Internet ohne Ende. Und wenn jeder seinen Job hat und sich drum kümmert, dann läuft der Laden. Ich glaube, dass wir es mittlerweile ziemlich gut hinbekommen und so soll es auch bleiben
So, jetzt kommen wir zur letztem Frage. Wenn du nach einer Meuterei auf einer einsamen Insel ausgesetzt werden würdest und du darfst 3 Dinge mitnehmen, welche wären das?
Ratz: Schwierig… Also ich bin ein sehr gesellschaftsliebender Mensch. Also eigentlich hätte ich jetzt eher gesagt, ich nehme Menschen mit. Aber ihr habt nach „Dingen“ gefragt. Definitiv – Freibeuter hin oder her- eine Zahnbürste. Ohne die Zähne nach dem Schlafen zu putzen kann man mich vergessen, da bin ich kein Mensch. Was würde ich noch mitnehmen? Meine Gitarre! Klar, ich muss mich ja irgendwie unterhalten… und, tja jetzt müsste ich ja irgendwie von der Insel runterkommen… Ich nehme noch einen Hubschrauber mit. Das ist, glaube ich, die einfachste Lösung.
Hast du denn noch irgendwelche abschließenden Worte, die du uns mitteilen möchtest?
Ratz: Ach, schön war’s, nun geh ich dahin, und scheide von euch… Nein, ich möchte natürlich jedem, der das liest, wärmstens empfehlen, kommt auf eines unserer Konzerte, guckt euch das an, kauft unsere CD, denn wir sind arme Spielleute, wir brauchen das Geld, wir machen das nicht hauptberuflich und wenn’s niemanden gibt, der unsere Musik kauft, dann wird’s irgendwann keine Musik mehr von uns geben. Das bewegt sich mittlerweile in solchen Dimensionen, das kann kein Schwein mehr bezahlen, wenn wir das Zeug nicht los werden. Und es lohnt sich definitiv!
Vielen Dank! Und viel Spaß heute Abend!
Mehr Infos gibt auf vroudenspil.de