Titel: In dieser ganz besonderen Nacht
Autor: Nicole C. Vosseler
Erscheinungsdatum: 2013
ISBN: 978-3570155349
Seitenanzahl: 576
Verlag: cbj
Eine Gastrezension von Claudia
Inhalt:
Nach dem Krebstod ihrer Mutter muss die sechzehn-jährige Amber gegen ihren Willen zu ihrem entfremdeten Vater nach San Francisco ziehen. In ihrer Trauer und ihren deutschen Wurzeln entrissen, gibt sie den trotzigen, verbockten Teenager und hat keinerlei Interesse, sich mit ihrer neuen Umgebung und Situation anzufreunden. Erst, als sie in einem leerstehenden alten Haus Nathaniel kennenlernt, taut sie langsam auf und findet wieder etwas Lebensfreude. Doch was Amber eine lange Zeit nicht ahnt: Nathaniel ist ein Geist, der sich nicht an sein altes Leben erinnern kann.
Meine Meinung:
Ich hatte mich wirklich sehr auf das Buch gefreut. Eine Romanze zwischen einem Geist und einem lebenden Mädchen, und dann auch noch angesiedelt in einer meiner absoluten Lieblingsstädte – Was konnte da schon schief gehen?
Nun, wie sich gezeigt hat, jede Menge.
Die Geschichte konnte mich bis zum Ende nicht wirklich fesseln. Der Funke sprang einfach nicht über. Dabei ist die Grundidee wirklich interessant, auch wenn mir persönlich die Prämisse für das Geisterdasein nicht gefällt (nur Seelen, die zu Lebzeiten Schuld auf sich geladen haben, hängen als Geister in dieser Welt fest). Aber die Beschreibung des Geisterdaseins aus Nathaniels Sicht fand ich kreativ und durchaus gelungen. Überhaupt haben mir die wenigen, kurzen Passagen, die aus Nathaniels Sicht geschrieben sind, am besten gefallen.
Dafür sind die Kapitel aus Ambers Sicht vor allem eines: langatmig.
Endlose, sich teilweise wiederholende Beschreibungen der Szenerie und der Charaktere, seien sie auch noch so unwichtig, hemmen den Lesefluss und nerven irgendwann nur noch. Jedes Mal, wenn Amber einer Person begegnet, werden Aussehen und Kleidung beschrieben, zum Teil bis hinab zu den Schnürsenkeln. Die Einrichtung eines jeden Raumes, den sie betritt, wird aufgezählt wie bei einer Inventur und die Beschreibung San Franciscos hat Reiseführerqualitäten. So füllen sich rund 200 Seiten, ohne dass wirklich viel passiert. Erst, als Amber herausfindet, dass Nathaniel ein Geist ist, kommt etwas Schwung in die Sache.
Was mich auch immer wieder beim Lesen innehalten ließ, waren die übermäßig oft verwendeten Phrasen und Verben. Ständig schielt jemand etwas oder jemanden an, Augenbrauen und/oder Mundwinkel zucken oder ziehen sich nach oben, Ambers Magen zieht sich zusammen, ein Sehnen zieht durch ihren Unterleib, Leute blasen ihre Backen auf und schnaufen, als kämen sie gerade vom Joggen. Zudem bin ich persönlich auch kein Fan von Umgangssprache im Erzähltext (in Dialogen kann das ja in Ordnung sein). Aber an Ausdrücken wir grabschen, rumgammeln, sich irgendwo hinfläzen, -pflanzen oder -flacken bleibe ich beim Lesen einfach hängen. Ebenso wie an der dauernden Lautmalerei der amerikanischen Redeweise (Hiiii , guten Mooorgen , Byyyye).
So blass Amber leider für mich blieb, so ansprechend fand ich Nathaniel, der mit seinem Dasein hadert und irgendwann erkennen muss, was es mit seinem Schicksal tatsächlich auf sich hat. Ich hätte mich sehr gefreut, mehr Passagen aus seiner Sicht zu lesen.
Auch Ambers Freunde Matt (bei dem der Leser alle 2 Seiten daran erinnert wird, dass er knallrote Haare hat) und die leicht durchgeknallte Holly wuchsen mir ans Herz. Auch von ihnen hätte ich gerne mehr gelesen.
Fazit:
Ein Buch, das großartig hätte werden können. Die Grundidee, die Welt der Geister, das Setting und die Charaktere (Amber nehme ich jetzt mal aus) haben gepasst. Aber die Flut an Details und Beschreibungen lassen der Geschichte keinen Raum und Ersticken die Phantasie des Lesers, bis der Film im Kopfkino reißt und man so genervt ist, dass die Story nicht mehr fesselt. Hätte das Buch 300 statt 500 Seiten gehabt, hätte ich darin versinken können.