Um mal ganz ehrlich zu sein – ich bin kein großer Fan von Lesungen. Meistens werde ich totmüde und bin kurz vorm einschlafen – gelegentlich ist mir dies auch schon passiert – wenn ein/e Autor/in aus seinem/ihrem Buch vorgelesen hat. Ich kann auch nicht behaupten, dass ich schon viele Autoren getroffen habe, deren Art zu Lesen mich wirklich fesseln konnte. Richtig gut gefallen hat mir vor ein paar Jahren Cornelia Funke, die zusammen mit Rainer Strecker aus ihrem damals aktuellen Buch „Reckless – Steinernes Fleisch“ gelesen hat. Oder Andreas Fröhlich, der Synchronsprecher von Gollum, der im letzten Jahr aus Tolkiens „Hobbit“ sehr eindrucksvoll die Rätsel in der Finsternis zwischen Bilbo Beutlin und Gollum inszenierte. Die gestrige Lesung von Kerstin Gier jedoch stellt dies alles in den Schatten.
Ich war wahrscheinlich der einzige Mensch im Saal, der noch kein Buch von ihr gelesen hatte (ja, ich schäme mich). „Silber – Das erste Buch der Träume“ besitze ich bereits als eBook und habe auch schon die ersten 26% gelesen, allerdings war der Moment unpassend, da absolute Leseunlust und schlechte Laune diesem Buch nicht gerecht wurden und ich es lieber lesen wollte, wenn die Zeiten wieder besser sind (Ja, ich schäme mich noch mehr). Trotzdem kam ich gestern nicht an diesen wundervollen Cover vorbei und ich musste „Silber – Das erste Buch der Träume“ noch vor Ort kaufen, obwohl mich schon die gesamte Edelstein-Trilogie, sowie „In Wahrheit wird viel mehr gelogen“ und die „Mütter-Mafia“-Ausgabe meiner Mama begleitet haben. Ein Buch mehr oder weniger ist doch nicht schlimm. Das Bücherregal ist ja auch groß genug. Eigentlich. Wenn es nicht so voll wäre. Ach egal…
Wir kamen um 17:15 Uhr an der Gutenberghalle an, nachdem uns kleine Kinder den Weg dorthin erklären mussten. Der Einlass erfolgte relativ schnell und so mussten wir nicht allzu lange in der verdammt kalten Herbstkälte stehen. Dann schlenderten wir in die Grundschulsporthalle, in der ganz ordentlich in Reih und Glied recht viele Stühle aufgebaut waren. Mit so vielen Zuschauern hatte ich gar nicht gerechnet, da sich Dieburg nunmal am Arsch der Welt (Hallo? Odenwald! Wo liegt schon der Odenwald?) befindet und ich nicht mal von seiner Existenz wusste, bis wir dort den tollsten Biergarten der Welt entdeckt haben. Wir sicherten uns also unsere Plätze in der ersten Reihe (schließlich sind wir alles Blindfische und sehen von weiter hinten doch nichts… muss am Beruf liegen!) und warteten gespannt auf den Beginn der Lesung. 17:50 Uhr kam Kerstin Gier auf die Bühne und und bereitete sich auf die Lesung vor, indem sie voller Faszination das Mikrophon, welches über ihr hing, musterte und es nicht fassen konnte, dass sie einfach nur normal sprechen musste und wir sie trotzdem hören konnten. Ein amüsanter Soundcheck und eine Begrüßung durch zwei Mitarbeiterinnen der Bücherinsel später ging es pünktlich um 18 Uhr los. Für uns drei war es die erste Lesung von Kerstin Gier und wir hatten keine Ahnung, was uns da eigentlich erwartet. Kerstin Gier fing fröhlich an, über ihre Strumpfhosen und weitere Sachen zu philosopheren, die man aus dem Mund von anderen Menschen für vollkommen schwachsinnig und irrelevant halten würde. Wenn Kerstin Gier allerdings den Mund aufmacht, hängt man wie gebannt an ihren Lippen und kann sich nicht mehr halten vor Lachen.
Außerdem erzählte sie, dass sie auf ihren Lesereisen auch ab und an Geschenke bekommt. Diesmal hat sie von Dagmar ein Lesereisenspray bekommen, welches sie fröhlich in den Raum sprühte. Dagmar… ich weiß, dass das wirklich lieb gemeint war und die Idee ist wirklich witzig! Aber der Geruch des Sprays kam irgendwann in den ersten Reihen an und lösten eine Art Keuchhustenepidemie aus und irgendwie versteckte plötzlich jeder seine Nase unter seinem Halstuch.
Schließlich begann die Lesung und es ging genauso lustig und dynamisch weiter, wie Kerstin Gier begonnen hatte. Zwischen den einzelnen Szenen erzählte sie immer wieder amüsante Anekdoten aus ihrem Schreiballtag oder erklärte etwas aus der Geschichte, damit wir die Zusammenhänge verstanden. Ihre einzigartige Art zu Lesen war einfach phänomenal. Sie verstellte ihre Stimme, Mimiken und Gestiken passten perfekt dazu und sie zeigte und Bilder, wie sie sich das Cottage in Oxford vorstellte (dabei wurde plötzlich ihre Lampe dunkler und sie klopfte wie wild auf dem Tisch herum – und zack! Es wurde wieder heller! It’s magic…! Ein großartiger Anblick :P) oder wie ‚Rasierspaß Ken‘ – einer ihrer männlichen Protagonisten, aussieht. Rasierspaß Ken sorgte übrigens für eine Menge Unterhaltung und bei uns flossen fast die Tränen vor Lachen. Rasierspaß Ken. Unglaublich.
So ging es die ganze Zeit über weiter, bis sie schließlich ihre Lesung beendete und in die Fragerunde überging. Ein Blick auf die Uhr sagte uns, dass bereits über eine Stunde vergangen war – wo war die Zeit bloß hin?! Die Fragerunde war richtig nett und es gab einige interessante Fragen, die uns einen wunderbaren Einblick in den Altag von Kerstin Gier ermöglichten. Die Antwort auf die Frage unserer lieben Mrs. Unkraut, ob Kerstin Gier bei der Verfilmung von Rubinrot denn auch Mitspracherecht hatte, verblüffte mich doch sehr. Nein, hatte sie nicht. Dass die Rechte komplett abgegeben werden, war mir klar, aber nicht, dass die Autoren überhaupt kein Mitspracherecht haben. Das finde ich irgendwie… doof. Für Schreibneulinge gab sie ein paar Tipps (schreiben, schreiben, schreiben ist die beste Übung!) und sie berichtete, dass sie noch nie ein Buch angefangen und abgebrochen hat, da sie immer erst mit dem Schreiben beginnt, wenn sie bereits einen Verlagsvertrag in der Tasche hat. Ihren ersten Roman verfasste sie im Alter von 12 Jahren – eine epische Familiensaga, die mehrere Generationen umfasste – auf 8 DinA-4-Seiten. Mal so als kleiner Einwurf: meine erste abgeschlossene Geschichte (eine Herr der Ringe-Fanfiction) umfasste großartige 11 Seiten! 😛
Nachdem alle Fragen gestellt waren, ging es weiter zur Signierstunde. Dafür haben wir mindestens eine Stunde lang angestanden, da wir zum Teil mehrere Bücher zum Signieren dabei hatten und denen, die nur eins hatten, den Vorrang gaben. Diese Stunde verbrachten wir zwar hungrig, aber zusammen leidet es sich immernoch am Besten. Unsere Nummer 3 liebäugelte schon die ganze Zeit mit den hübschen Rubinrot-Papphockern, bis plötzlich eine der Buchhändlerinnen verkündete, dass sie zwei davon verschenken würden. Da der Run darauf jedoch groß war, sagte sie, sie schließe jetzt die Augen und werfe sie einfach in die tobende Menge. Nummer 3 stürzte also ebenfalls nach vorne. Der erste Hocker wurde in die vorderen Reihen geworfen. Der zweite jedoch flog in unsere Richtung und mit einem gigantischen Hechtsprung schaffte ich es, den Hocker im Flug abzufangen, bevor er noch irgendjemanden am Kopf traf. Nummer 3 war vollkommen glücklich und hegt und pflegt ihren geliebten Hocker nun voller Liebe. Als wir endlich bei Kerstin Gier angekommen waren, gab es noch einen kleinen Plausch und wir zogen glücklich und mit schmerzenden Lachmuskeln von dannen.
Es war ein richtig schöner Abend – vielen Dank an die Bücherinsel, den Fischer Verlag und natürlich Kerstin Gier, die diesen Abend ermöglicht und so toll organisiert haben! 🙂
Zu Mrs. Unkrauts Bericht geht es hier entlang 🙂
3 Kommentare
Danke für Deinen tollen und ausführlichen Bericht und den netten Abend mit euch zwei!!!
Nur schade, dass Du Kerstin Giers: DICH kenn ich doch!!!! unter den Tisch hast fallen lassen 😉
Leider habe ich die Lesung mit Kerstin Gier nicht miterleben können, da ich mich mit meinem Mann auf einer Urlaubsreise in Canada befand. Aber meine liebe Tochter war Live dabei, da sie ein riesen großer Fan von
K. Gier ist, hat sie mich ausführlich über den schönen Abend informiert. Das Buch „Die Mütter- Mafia“ bekam ich zum Geburtstag geschenkt, habe es auch schon fast fertig gelesen. Und jetzt bekam ich noch eine Widmung von der Autorin. Als Überraschung hat mir meine Tochter noch den „Mütter- Mafia“ Kalender 2014 geschenkt.
Ist das nicht „Mutter- Liebe“?
Danke an Kerstin Gier und danke an meine Tochter!
L. G.
Autor
Das hab ich doch gern gemacht! 🙂 Du bist nun mal auch die tollste Mama der Welt ♥